Freitag, 20. November 2015

Heute

mache ich eine Pause und stelle Euch vor, wie Amina Weihnachten gefeiert hat.







Aminas Weihnachten 1631

Teil 1


„Habt ihr’s gehört? Soldaten sind ins Kloster Seligenstadt eingebrochen und haben alles geplündert. Klar, die wollen zu Weihnachten fressen, diese Tiere! Hier, hab‘ einen Hasen für euch mitgebracht, Hannah, kannst ihn zubereiten? Dann habt ihr was zu beissen, heute, am Heiligabend!“ Bärenklas legt das Tier auf die Bank und setzt sich daneben. „Ein heißer Tee wär gut, Hannah! Was meinst?“
„Hier ist heißer Pfefferminztee! Ein Hase für uns? Vergelt’s Gott, Klas, das ist einfach wunderbar. Diese Schabhäls*, die unsere Herren sind, haben nichts für uns, auch wenn wir ihnen das ganze Jahr dienen. Die Hoffart** der Herrin ist unerträglich. Sie denkt nur an sich. Eine echte Überraschung. Dann muss ich kein Huhn fangen in dieser Kälte und es schlachten. Bitte, kannst ihn für mich abziehen? Ich habe noch so viel zu tun für die Herrschaften, die Maria hetzt uns alle herum.“ Hannah seufzt. Es ist schon dunkel um vier Uhr nachmittags. Am Ende der Küche sitzt die Kati und rupft die Hühner für das Festessen. Das Wasser brodelt im Kessel über dem Feuerloch. „Wo bleibt bloß Amina?“ ihre Hilfe kann ich auch gebrauchen. „Hier bin ich, Hannah, die Herrin rief mich, um ihre Haare zu richten, Babette war ihr nicht genug.“
„Nun bist du ja hier,  Kind, bitte geh in den Kräutergarten und hole mir noch Lorbeerblätter und Rosmarinzweige, schau, Klas hat einen Hasen für uns, den essen wir noch nachher, wenn die Herrschaft bedient ist und wir endlich Ruhe haben. Dann feiern wir hier noch. Ich mache uns Glühwein aus Äpfeln. Nimm das kleine Messer mit!“
Amina holt das Messer aus einer Schublade, zieht ihr Wolltuch eng um die Schultern,  ein eisiger Wind trifft sie, als sie aus der warmen Küche tritt, um die Ecke des Hauses biegt, zum Glück ist der Kräutergarten nicht weit. Die Lorbeerbüsche stehen vorn rechts und etwas weiter der große Rosmarin. Ob ich Marco heute noch sehen kann ist ihr einziger Gedanke. Vielleicht ist er ja in der Nähe…
“Amina, Amina!“ hört sie ein leises Rufen, kaum gedacht, schon geschehen, ich glaube es nicht, „Marco, hier bin ich“ ruft sie leise zurück. „Woher weißt du, dass ich gerade jetzt hier bin?“ „Ich wusste es nicht, der Barthel hat mich gerufen, die Herrin will mich sehen. Ich muss gleich weiter. Kommst du noch zu mir nachher? Bitte, heute ist doch Weihnachten, ich vermisse dich so sehr!“
„Ja, wenn ich fertig gegessen habe mit Hannah und den Mädchen in der Küche. Der Klas hat einen Hasen gefangen, den will die Hannah zubereiten. Ich bringe etwas für dich mit, du sollst auch davon essen. Hast du Hunger?“
„Ja, großen Hunger, Amina, ich habe heute Morgen etwas Haferbrei gegessen, das ist alles. Aber das macht nichts, jetzt sehe ich dich, das ist wichtiger als Essen!“ Er umarmt sie und presst sie fest an sich, küsst ihre Stirn, ihre Nase, ihre Augen und ihren Mund. Wie warm er ist, wie schön, dass ich ihn noch sehen kann. „Ich freue mich so sehr, wenn du kommst, meine Liebste, ohne dich ist alles so grau. So dunkel. Und doch ist es gut, dass ich hier bin, dass ich dich getroffen habe. Lass uns nächstes Jahr heiraten, bitte, 1632 ist eine gute Zahl und ich möchte dich für immer bei mir haben. Was denkst du?“
Amina weiß nicht was sie sagen soll. Ein glühendes Feuer erhitzt ihren Körper bei seinen Worten. Er ist niedergekniet und bedeckt ihre Hände mit Küssen. Sanft zieht sie ihn hoch, küsst ihn zurück. „Mich, eine Dienstmagd willst du heiraten? Ach, Marco, was für ein wunderbares Weihnachtsgeschenk. Wie gern, ich liebe dich so sehr!“ Tränen stehen in ihren Augen.
„Dass du jetzt eine Dienstmagd bist, bedeutet gar nichts, Tochter von Prinzessin Samira - Prinzessin Amina!“
„Ach Marco, das ist so lange her!“
Sie spüren den kalten Wind nicht mehr, sie halten sich fest umarmt, Amina und Marco, zwei Fremde im Krieg, gnadenlos wütend überall in Deutschland.  Und doch – so hart es ist, hier, im Herrenhaus der Edens,  haben sie sich eine kleine Insel geschaffen.
Sie löst sich vorsichtig von Marco.
„Ich muss gehen, Marco. Hannah wartet auf die Kräuter.“
„Geh‘, mein Engel, geh‘, bleibe so lange du kannst bei deinen Freunden und dann komm‘ zu mir. Ich bin für dich da.“
Blinken die Sterne jetzt heller als vorher? Der Mond leuchtet klarer, der Hof hat sich verzogen, der Weg ist jetzt leichter zu sehen, Aminas lächelt vor sich hin, etwas, dass sie so lange nicht mehr konnte.  Sie blickt nach oben, sie betet: Mama, Mama, du siehst alles was mir geschieht. Bitte, begleite mich bei allem was ich tue, so dass ich weiß, alles ist richtig und gut.


* Geizhälse

** Hochmut

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